Unser Weihnachtsfest 2024

Wie viele von euch wissen, freue ich mich schon riesig auf den Besuch des „Messias“ von Händel in der Kapelle von Versailles am 21. Dezember zusammen mit meinem Sohn und meiner Tochter. Damit fängt für mich Weihnachten an, die Feier der Geburt Jesu, so wie es in Händels Oratorium zum Ausdruck kommt.

Jesus, geboren in Bethlehem…

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Wenn ich heute an Bethlehem denke, kommen sofort Gedanken an den Konflikt zwischen Israel und Palästina.

Ich denke an den Überfall von Hamas in Israel am 7. Oktober 2023, bei dem über 1200 Menschen getötet und über 200 Menschen als Geiseln entführt wurden… Ich denke an die Nachrichten über die vielen Bombenangriffe Israels im Gazastreifen, bei denen inzwischen über 40 000 Palästinenser getötet wurden, und hunderttausende Menschen ihr Zuhause verloren haben… Und an die Meldungen über vermehrte Übergriffe von gewalttätigen, israelischen Siedlern gegenüber Palästinensern im Westjordanland…

Und dann tauchte in den letzten Wochen irgendwo im Internet plötzlich ein Kochbuch aus Bethlehem auf.

Das Kochbuch ließ mich daran denken, dass mit den vielen Menschen und Familien, die getötet werden, auch ihre Traditionen, die Überlieferungen der Familiengeschichte, ihre Kultur, auch ihre Esskultur und ihre Rezepte verschwinden, und zwar auf allen Ebenen, Überlieferungen direkt von Mensch zu Mensch, aber auch durch die Vernichtung von schriftlichen Quellen, Fotografien und anderen Zeugnissen in den zerstörten Häusern, in zerbombten Museen, Bibliotheken, Schulen und Universitäten.

Das Kochbuch aus Bethlehem brachte mich auf die Idee, dieses Jahr zu Weihnachten, statt des in unserer Familie üblichen Weihnachtsessens, ein Menü aus palästinensischen Gerichten zusammenzustellen. Die Rezepte haben ihren Ursprung in der Region Palästina, sind dort also mit Abwandlungen von Menschen verschiedener Volks- und Religionszugehörigkeit als Teil der traditionellen Esskultur zubereitet worden.

Ein gutes gemeinsames Mahl verbindet Menschen. Wir wollen mit unserem Weihnachtsessen mit Gerichten aus Palästina auch der vielen Menschen gedenken, deren Leben in diesem Konflikt zerstört wird, denen ihr Leben genommen wurde.

Vor vielen Jahren, als mein Sohn 14 Jahre alt war, haben wir in Bergen/Norwegen einen Vortragsabend mit einem Palästinenser und einem Israeli der Organisation Parents Circle – Families Forum besucht.

Es war sehr beeindruckend zu erleben, dass ein Israeli und ein Palästinenser, die beide in dem Konflikt ein Familienmitglied verloren hatten, sich gemeinsam für Verständigung und ein friedliches Zusammenleben der Menschen beider Völker einsetzten. Die Mutter des Israelis war auf dem Weg nach Hause durch ein Attentat in einem Bus getötet worden. Der Bruder des Palästinensers war von Soldaten der israelischen Armee getötet worden. Sie hatten das Auto beschossen, in dem der Palästinenser mit seiner Familie unterwegs war.

Diese beiden Männer vermittelten uns, was man auch auf der Webseite des Parents Circle – Families Forum lesen kann:

Die führenden Politiker versuchen, uns leere Worte von Sieg, Heldentum und Rache zu verkaufen.
Welcher Sieg kann eine Mutter trösten, die ihren Sohn verloren hat? Welche Rache wird den Vater eines Kindes zurückbringen?
Wir im israelisch-palästinensischen Parents Circle – Families Forum haben schon seit langem verstanden, dass Kriege, Gewalt und Terror nur immer neue Kreisläufe der Rache und des Hasses schaffen.
Wir verurteilen jede Art von Gewalt, Terror und Töten aufs Schärfste und wissen, dass sie weder zu Sicherheit für Israelis noch zu Freiheit und Recht für Palästinenser führen werden.“
(Meine Übersetzung)

Wenn ich könnte, würde ich Parents Circle – Families Forum für den Friedensnobelpreis vorschlagen, aber das dürfen einfache Bürger nicht, dazu muss man z.B. Mitglied der Nationalversammlung eines Landes sein oder auch Professor in näher bestimmten Fachbereichen, wie z.B. Sozialwissenschaften, Jura, Theologie.

Vielleicht kennt ihr ja jemanden, der diese Organisation für den Friedensnobelpreis vorschlagen könnte?

Hier sind alle Kriterien für berechtigte Vorschlagsteller:

Criteria for nominators – Nobel Peace Prize

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Wenn ich an Parents Circle – Families Forum denke, dann kommt mir in den Sinn, dass Jesus gesagt hat „Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen.“ (Lk 6,27)

Die Israelis und Palästinenser im Parents Circle – Families Forum, die im Konflikt zwischen Israel und Palästina nahe Angehörige verloren haben, sehen die anderen nicht als Feinde. Sie erleben sich gegenseitig als trauernde, leidende Mitmenschen. Sie stehen einander zur Seite und setzen sich gemeinsam für Frieden und Versöhnung ein.

In Deutschland unterstützt das „Ökumenewerk der Nordkirche“, welches zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland gehört, Parents Circle – Families Forum und informiert über deren Arbeit:

“Vor fast 30 Jahren schlossen sich betroffene Familien zum „Parents Circle – Families Forum“ zusammen. Gemeinsam organisieren sie Jugendcamps und Vorträge in Schulen, protestieren öffentlich gegen Krieg, Besatzung und Gewalt und veranstalten binationale Seminare, um die Erzählungen der „Anderen“ zu verstehen – den Völkermord am jüdischen Volk und dessen Wiedergeburt sowie die Vertreibung und den Kampf der Palästinenser. Gemeinsam haben sie ein starkes soziales Netzwerk und eine starke Medienpräsenz aufgebaut. Dialogtreffen in Israel und Palästina sind das Herz der Bildungsarbeit des „Parents Circle“. Hierbei erzählen jeweils zwei Mitglieder vor Jugendlichen und Erwachsenen ihre persönlichen Geschichten und kommen mit ihnen ins Gespräch – ein Gespräch, das die härtesten Barrieren von Vorurteilen, Angst und Hass durchbricht.”

In unserer Familie haben wir beschlossen, dass unsere Weihnachtsgeschenke füreinander in diesem Jahr eine gemeinsame Spende an Parents Circle – Families Forum sein werden, und zwar über die Webseite des Ökumenewerks der Nordkirche:

Spenden für den Parents Circle

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Unseren Weihnachtsbaum werden von jetzt an auch drei Weihnachtskugeln von einer Glasbläserei in Hebron im Westjordanland schmücken. Jeder von uns hat mit einer Weihnachtskugel dazu beigetragen. Die Glaskugeln sind in einem traditionellen Familienbetrieb hergestellt worden, in dem die Handwerkskunst seit Generationen weitergegeben wird.

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